SOMMER
Film - Hommage | Philip Gröning Filmfest 2018

SOMMER

Regie von Philip Gröning

Info

Regie: Philip Gröning
Reihe: Hommage | Philip Gröning
Land: Deutschland
Jahr: 1986
ET: SUMMER
Sprache: deutsch
Fassung: Originalfassung
Cast: Michael Schech, Philipp Rankl, Barbara von Baur, Lene Beyer
18+ (ohne FSK)

Logline

SOMMER

Ein Sommer in Schwarz-Weiß. Durch eine offene Balkontür weht der Wind, bringt einen feinmaschigen Vorhang sachte in Bewegung. Ein Vater hat sich mit seinem Sohn in ein Zimmer eingemietet, in ein Hotel in den Alpen in der Nähe eines Sees. Der Film dreht sich um den Versuch, Türen zu öffnen, Einlass zu finden in die Welt des anderen. Der Junge ist autistisch in sich gekehrt, vertieft in ein Spiel mit Murmeln, die er in den Rillen des Holzbodens platziert. Der Vater bezeichnet den Jungen einmal als Festung, in der er eine Leere vermutet. Das sagt er einer neuen Bekanntschaft, einer Frau, die aus dem Duo ein Trio zu machen versucht. Sie wird eifersüchtig, als der Junge sich mit einem Zimmermädchen anfreundet, das schwanger und genauso still wie er selbst ist. Manchmal schreit der Junge und hält sich dabei die Ohren zu, als würde er seinen eigenen Schrei nicht hören wollen. Gröning schaut sich diese Welt mit ihren eigenen Regeln geduldig an, die Geduld des Zuschauers einfordernd und ähnlich wie der Vater mit Willen zur Einfühlung. Aber im Gegensatz zum Kurzfilm STACHOWIAK!, in dem die Kamera in eine gestörte Psyche eintaucht, beobachtet sie hier mit Dezenz, hält sich zurück. Plötzliche Ausbrüche stören den alltäglichen Fluss. Als das Kind erkrankt, wird der Vater selbst zur Festung, sitzt stoisch da. Das Warten kann ein Zeichen von Ohnmacht sein. Das Warten kann aber auch ein Zeichen von Liebe sein. Gröning erhielt 1987 für diesen Film den Förderpreis der Stadt München. Vor seinem Regiestudium an der HFF München hatte er Medizin und Psychologie studiert und Erfahrungen mit autistischen Kindern gemacht. Der Film macht ein Spiel zwischen idyllischer Naturbetrachtung und analytischer Betrachtung menschlicher Beziehungen auf, zwischen Ordnung und Chaos, was Gröning in späteren Filmen weiterführen wird. Der Vater liegt gegen Ende still unten auf dem Grund des Sees. Abgekapselt, alleine. Da oben geht das Leben weiter, und die Vorhänge hören nicht auf, sich im Wind zu bewegen.

Meet the director

SOMMER

Philip Gröning

Philip Gröning wurde 1959 in Düsseldorf geboren. Er wuchs in seiner Geburtsstadt und in den USA auf. Nach dem Abitur 1977 in Düsseldorf reiste erdurch Südamerika und studierte ab 1979 Medizin und Psychologie. 1981 arbeitete er als Assistent des Filmregisseurs Peter Keglevic und sammelte weitere filmische Erfahrungen als Requisiteur, Regie- und Tonassistent. Ein Jahr darauf nahm er das Studium an der HFF München auf. Er widmete sich dem Drehbuchschreiben und arbeitete als Schauspieler. 1986 gründete Gröning seine eigene Produktionsfirma. Im gleichen Jahr legte er mit SOMMER seinen ersten Langfilm vor. Mit seinem Spielfilm Die TERRORISTEN (1992) über ein geplantes Attentat auf den damaligen Bundeskanzler Helmut Kohl erregte Gröning erstmals Aufsehen. Kohl versuchte, die Fernsehausstrahlung des Films vergeblich zu verhindern. Gröning erhielt für den Film in Locarno den „Bronzenen Leoparden“. Den Hessischen Filmpreis für die Beste Regie erhielt Gröning für L’AMOUR, L’ARGENT, L’AMOUR (2000), Hauptdarstellerin Sabine Timoteo gewann in Locarno einen Leoparden in der Kategorie „Beste Hauptdarstellerin.“ DIE GROSSE STILLE (2005) über den Schweigeorden der Karthäusermönche entwickelte sich zum Überraschungserfolg in den deutschen Kinos. Der Film erhielt zahlreiche Preise: den Bayerischen Filmpreis für den Besten Dokumentarfilm, einen Spezialpreis der Jury beim Sundance Filmfestival, den Preis der deutschen Filmkritik, den Europäischen Filmpreis 2006 als Bester Dokumentarfilm sowie den Deutschen Kamerapreis; außerdem wurde er für den Deutschen Filmpreis nominiert. Grönings darauffolgender Spielfilm, DIE FRAU DES POLIZISTEN (2013) über Gewalt in der Ehe, wurde in Venedig mit dem Spezialpreis der Jury ausgezeichnet. MEIN BRUDER HEISST ROBERT UND IST EIN IDIOT lief im Februar 2018 im Wettbewerb der Berlinale. Wie bei fast allen seinen Filmen zeichnete Gröning auch hier für Drehbuch (mit Sabine Timoteo), Produktion, Kamera und Teile des Schnitts verantwortlich. Er war Jury-Präsident der Reihe „Orrizonti“ beim Filmfestival in Venedig 2006, sowie Mitglied der Jury beim FILMFEST MÜNCHEN im Jahr 2009, arbeitete als Gastdozent am California Institute for the Arts und als Professor für Film an der Kunsthochschule Kassel. Er doziert regelmäßig als Gast an der Filmakademie Ludwigsburg, ist Mitglied der Europäischen Filmakademie und der Deutschen Filmakademie, sowie der Bayerischen Akademie der schönen Künste.

Credits

Drehbuch: Philip Gröning, Nicolas Humbert, Ralf Zöllner
Kamera: Ernst Kubitza
Schnitt: Philip Gröning
Musik: Béla Bartok, Olivier Messiaen
Produktionsdesign: Pavel Pitner, Julia Lindig
Kostüme: Sabine Bachthaler, Julia Lindig
Produzent*in: Philip Gröning
Produktion (Firma): Philip Gröning Filmproduktion, 4 Düsseldorf 30, HFF München