Remmi-Demme

Gojic

Zoran Gojic

Pressesprecher des Filmfests von 2004 bis 2008

Es ist wahr: Bei einem Filmfestival hat man es angelegentlich mit mittelschwer Gestörten bis völlig Wahnsinnigen zu tun. Überwiegend freilich begegnet man zugeneigten, freundlichen, interessanten Zeitgenossen wie beispielsweise US-Regisseur Jonathan Demme, der 2006 zu Gast war.

Dessen Musikdokumentation NEIL YOUNG – HEART OF GOLD war im Programm, aber der Filmverleih ließ uns kurz vor Festivalstart wissen, es sei leider keine Filmkopie verfügbar. Ulla Rapp, legendäre Kuratorin der „American Independents“, kontaktierte verzweifelt Jonathan Demme – sie kannte ihn schon lange, bevor er Oscar-Preisträger geworden war. Demme teilte mit, am besten sei wohl, er bringe die Kopie einfach persönlich vorbei. Natürlich haben wir Ulla erstmal kein Wort geglaubt. Demme springt einfach mit Filmkopie auf dem Schoss in den Flieger... klar. 

Aber Demme flog tatsächlich in München ein, mit Filmkopie und Ehefrau. Sie hätten Hochzeitstag und er hätte ihr einen München-Trip geschenkt, erklärte er freundlich. Deswegen habe er nicht viel Zeit, ob das in Ordnung sei. Wir einigten uns auf einen halben Interviewtag und ein Panel. Demme gab die Interviews, mietet sich zwei Fahrräder und erklärte uns, er würde jetzt mit seiner Frau die Isar entlangradeln und rechtzeitig zum Panel wieder da sein. Wir waren gelassen, bis zum Panel waren zwei Tage hin. 48 Stunden später waren wir nicht mehr ganz so gelassen. Demme war nicht zu erreichen, niemand wusste, wo er war. Buchstäblich eine Minute bevor es losgehen sollte, schlenderte Demme in den Gasteig. In Flip-Flops, Shorts und einem leichten Sonnenbrand war er direkt von seiner Tour zu uns geradelt. Tiefenentspannt, charmant und humorvoll plauderte er über Neil Young, Hollywood und seine Filme. Danach gab es noch ein Feierabendbier und die Unterschrift auf die DVD-Hülle von DAS SCHWEIGEN DER LÄMMER. „Na gut, weil Du die Deluxe-Ausgabe besorgt hast“. Danach spazierte er händchenhaltend mit seiner Frau in den Abend. Die Fahrräder müsse man noch zurückbringen.

Elf Jahre später war ich tief getroffen, als ich vom frühen Tod Demmes erfuhr. So ein lässiger Hund wie Demme zu sein, das fand ich seit dem Sommer 2006 außerordentlich erstrebenswert. Ich habe mich nie mit den Filmfest-Gästen fotografieren lassen, weil ich das immer albern fand. Aber ein Foto mit Demme hätte ich heute sehr gerne als Andenken.

FFM2006 G Jonathandemme 04 EH