DIE GANZ NORMALE MAGIE
Wenn das (Liebes-)Leben ins Stocken gerät, kann ein bisschen Magie nicht schaden. Zauberhafte Dinge geschehen in der Realität durchaus, aber lassen sich im Kino doch etwas einfacher herstellen…
So gibt es in Rainer Kaufmanns Spielfilm WEISST DU NOCH eine Pille, die Vergessenes wieder ins Gedächtnis holt – was für das Paar Marianne und Günter nach über 50 Jahren Ehe durchaus ein Segen sein könnte! Gemeinsam reisen sie zurück zu den Höhen und Tiefen ihres Lebens- ein humorvolle Trip in die Vergangenheit, mit hoffentlich schönen Auswirkungen in der Gegenwart. Heute Abend hat der Film gleich zweifach Weltpremiere: um 18.30 Uhr im ASTOR Astor Kino, dann Open Air um 21.30 Uhr im Kino, Mond und Sterne, wo zum Zauber des Films die magische Atmosphäre der Seebühne und das offenen Sternenhimmels hinzukommt. Bei beiden Vorstellungen sind Teammitglieder anwesend, das Duo Senta Berger und Günther Maria Halmer steht beides Mal für ein Q&A zur Verfügung.
Ähnlich übersinnlich klingt der Plot von IL PRIMO GIORNO DELLA MIA VITA/THE FIRST DAY OF MY LIFE: Ein mysteriöser Mann, gespielt vom italienischen Superstar Toni Servillo, lässt vier lebensmüde Menschen jeweils in eine Welt blicken, in der sie nicht mehr da wären – und ermöglicht zudem einen Blick in eine Zukunft, in der sie sich dafür entscheiden, ins Leben zurückzukehren. Grandioses Kino über den Zauber von Neuanfängen ist Paolo Genovese gelungen. Er selbst ist da, wenn der Film am morgigen Sonntag sowohl um 18 Uhr im ASTOR Astor Kino als auch um 21.30 Uhr im Kino, Mond und Sterne gezeigt werden, Letzteres eine Open-Air-Location, die ganz zauberhaft ist, weil… siehe oben!
weißt du noch
il primo giorno della mia vita
Eine fast schon magische Anziehungskraft übt ein rotes Kleid in dem britischen Film PRETTY RED DRESS aus. Ein Ex-Knasti schenkt seiner Freundin das Kleidungsstück, das sie für ein Musical-Casting anziehen kann, um hoffentlich perfekt damit auszusehen. Nur fühlt sich Travis gedrungen, das Kleid heimlich selbst anzuprobieren, was aber seine Freundin und Teenage-Tochter mitbekommen. Das erzeugt Turbulenzen, die versteckte Wünsche und Wahrheiten ans Licht bringen… Regisseurin Dionne Edwards bringt liebevoll wie musikalisch all die Schubladen, die wir womöglich im Kopf haben, durcheinander. Zu sehen ist der Film heute Abend um 22 Uhr im City 2 als auch morgen um 17 Uhr im Filmmuseum.
Gnadenlos heiteres US-Indie-Kino zwischen BDSM und feministischer Komödie bietet Joanne Arnow in ihrem Spielfilmdebüt, in dem sie selbst die Hauptrolle spielt: THE FEELING THAT THE TIME FOR DOING SOMETHING HAS PASSED – so heißt das Werk, es ist der längste Filmtitel des Festivals, und während hier die Unterwerfung zum sexuellen Alltag geworden ist, könnte ausgerechnet eine schrecklich normale Beziehung das fad geworden Leben wieder magisch aufregend machen. Arnows Komödie ist heute um 17.30 Uhr im City 1 auf riesiger Leinwand zu sehen sowie am Montag um 21 Uhr auf der nicht minder großen Leinwand im HFF Audimax. Joanna Arnow ist zudem bei beiden Vorstellungen anwesend und wird beim Q und A sicherlich einige witzige Einblicke in die Entstehung des Films geben.
Übernatürliche Dinge passieren auch gerne mal in den Filmen der österreichischen Regisseurin Jessica Hausner, der in diesem Jahr die Retrospektive gewidmet ist. In HOTEL stellt eine neue Rezeptionistin fest, dass ihre Vorgängerin auf mysteriöse Weise verschwunden ist (heute, 17 Uhr, im Filmmuseum). Und in LOURDES spielt Sylvie Testud eine im Rollstuhl sitzende Frau, die auf einer Pilgerreise eine Wunderheilung erfährt! Oder ist das doch nur eine Illusion? (morgen, 14 Uhr, Filmmuseum). Es könnte zudem sein, dass Hausner bei der ein oder anderen Vorstellung vorbeikommt. Schaun mer mal!
Banel e adama
tiger stripes
Rotting in the sun
Jedem Debütfilm wohnt ein gewisser Zauber inne… Mit BANEL E ADAMA ist der französisch-senegalesischen Regisseurin Ramata-Toulaye Sy ein bewegendes Liebesdrama gelungen (Heute, 17.30 Uhr, im Rio 1). Und die aus Malaysia stammende Regisseurin Amanda Nell Eu verbindet in ihrem ersten langen Spielfilm TIGER STRIPES Fantasy mit Coming of Age so virtuos, dass sie dafür auf Anhieb in Cannes mit dem Grand Prix der „Semaine de la Critique“ ausgezeichnet wurde. Heute ist der Film um 21.30 Uhr im HFF Kino 1 zu sehen (Q und A mit Ko-Produzent Jonas Weydemann.
Zuvor kann man heute im HFF Kino 1 um 18.30 Uhr den brasilianischen Film CROWRÃ bewundern, der ebenfalls in Cannes und zwar mit dem Ensemblepreis der Reihe „Un Certain Regard“ prämiert wurde. Das indigene Volk der Krahô glaubt an die Magie ihrer Schamanen – und zieht dann doch ganz erdverbunden-realpolitisch orientiert in die Hauptstadt Brasília, um gegen die ausbeuterischen Machenschaften des Bolsonaro-Regimes zu protestieren! Etwas ist halt immer irgendwo faul, auch im Filmgeschäft: ROTTING IN THE SUN von Sebastián Silva ist eine irrwitzig-lustige Farce über die Sinnsuche eines Regisseurs, gespielt von Silva selbst (heute, 20.30 Uhr, im City 1 sowie am morgigen Sonntag, 16 Uhr, im City 2). Ach, es ist schon ein Wunder, dass Filme trotz aller Hindernisse entstehen.