Rendezvous mit Paradschanow

Klaus Eder 01

Klaus Eder

Programmer beim Filmfest von 1986 bis 2007 (Internationales Programm; Werkschauen; lateinamerikanische, asiatische, osteuropäische Reihen etc.)

Im Frühjahr 1988 war ich zur Film-Auswahl für das Filmfest in Moskau. Für einen Tag flog ich von dort nach Tiflis, um Sergej Paradschanow zu treffen. Ich wollte die Details seiner geplanten Werkschau besprechen, und ich war neugierig, seinen neuen Film ASHIK KERIB zu sehen. Er holte mich vom Flughafen ab, brachte mich aber nicht ins Film-Studio, sondern in ein Restaurant, zu seinen Freunden. Wodka also, sagen Sie da mal nein! Ich überlebte den Nachmittag, nur um dann zum Abendessen abgeholt zu werden. Seine Nachbarn hatten es im Hof seiner Wohnung im Zentrum der Stadt vorbereitet – ein luxuriöses Fest der georgischen Küche.

Keine Ahnung, wie ich den Abend überstand. Ohne Film jedenfalls. ASHIK KERIB sah ich dann am nächsten Morgen, mit viel Kaffee ausgenüchtert. Sergej Paradschanow besorgte gleichzeitig Geschenke, Obst, Wein, Wodka, Seide... was für eine Gastfreundschaft! Eine georgische Stewardess nahm alles für mich nach Moskau mit. Mit vielen Geschenken kam Sergej Paradschanow später zum Filmfest. Mit ebenso vielen Geschenken (die in einem eigens angemieteten Lastwagen nach Tiflis gebracht wurden) kehrte er nach dem Festival zurück (einiges davon ist im Paradschanow-Museum in Yerevan zu sehen). ASHIK KERIB wurde kurz darauf nach Venedig in den Wettbewerb eingeladen und hätte somit nicht in München gezeigt werden können. Paradschanow überzeugte die sowjetische Kultur-Bürokratie aber, dass er mir den Film versprochen habe. Er setzte sich durch. ASHIK KERIB hatte seine Weltpremiere beim Filmfest.

FFM1988 G Sergejparadschanow 01